Mittwoch, 4. Juli 2018

Enukleation & Glasauge | Mir wird das Auge entfernt

In zwei Tagen ist meine Op.. Eine Op, bei der mir mein rechtes Auge entnommen, und später durch ein Glasauge ersetzt wird.
Ich habe viel und lange im Internet gesucht, denn ich hatte viele Fragen und Ängste. So wirklich fündig wurde ich leider nicht. Deswegen schreibe ich jetzt eben alles auf, vielleicht ist irgendwann jemand in meiner Situation und stolpert über diesen Blogpost.
Natürlich hattet ihr auch Fragen an mich und ich versuche, sie bestmöglich zu beantworten. In den folgenden Abschnitten findet ihr meine Gefühle, Gedanken und Fragen, die so bei mir reinflatterten.

Auf den Bildern zwischendurch könnt ihr sehen, wie das Auge sich immer weiter verändert hat.

Als erstes: Warum kriegst du ein Glasauge? Gibt es keine anderen Möglichkeiten?
Meinen gesamten Leidensweg niederzuschreiben würde den Rahmen sprengen. Deswegen die Kurzform: Ich bin seit Geburt an auf dem rechten Auge blind. Ich hatte nie räumliches Sehen oder sonst was. Da ich es aber nie anders kennen gelernt habe, hatte ich eigentlich kaum Einschränkungen in meinem Leben dadurch. 2014 wurde dann eine Netzhautablösung auf dem blinden Auge festgestellt. Diese war leider nicht mehr zu beheben, da sie schon weit fortgeschritten war & noch dazu die Operationen zu aufwendig sind, als das es sich um ein sowieso schon blindes Auge lohnt. So musste ich also beobachten, ob sich mein Auge verändert. Nach einem Jahr fingen die Beschwerden an und es entwickelte sich ein Glaukom. Umgangssprachlich eine Form des Grünen Stars. Ich habe seit dem an täglich Schmerzen. Und - was ich viel schlimmer finde - Seit diesem Tag schrumpft mein Augapfel. Mittlerweile ist mein Auge so klein, dass ich Mühe habe es offen zu halten. Es ist einfach eingefallen.
Ich wusste das es passiert, aber ich hätte nicht damit gerechnet, dass es so schnell passiert. Und da meine Augenhöhle langsam verkrüppelt, der Grüne Star schlimmer wird & auch die Schmerzen mittlerweile mein ständiger Begleiter sind, muss das Auge nun weichen.
Noch dazu könnte es sein, dass die Probleme auf das gesunde Auge überschlagen und das darf auf keinen Fall passieren, sonst bin ich wirklich am Arsch!
Das war die erste sichtbare Veränderung. Dort war mein Auge noch blau!



Als feststand, dass die Operation kommen wird & ich endlich ein handfestes Datum hatte, hab ich erstmal geweint. Geweint vor Freude, dass mein Leiden bald ein Ende hat. Geweint vor Angst, diesen Schritt wirklich zu gehen. Ich habe einfach aus Überforderung geweint. Mein ganzes Leben lang habe ich unter diesem blinden Auge gelitten. Ich hatte zwar generell wenig Einschränkungen, aber meine Psyche hat in all den Jahren immer mehr geliten. Kinder können grausam sein und Menschen Arschlöcher!
Mittlerweile war mein Auge irgendwas zwischen grün und Matschbraun
Was glaubst du, wie deine Zukunft damit wird?
Natürlich habe ich auch weiterhin ein paar Einschränkungen und Routinen, die ich lernen muss. Aber ich glaube, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, ist es wie Kontaktlinsen tragen. Ich muss auf ein paar Dinge achten, zum Beispiel darf ich keinen Köpper mehr ins Wasser machen oder muss schneller Schutzbrillen tragen. Einerseits, um das Glasauge nicht zu beschädigen und andererseits, um auf mein gesundes Auge aufzupassen. Ich bin es gewöhnt auf mein Auge angesprochen zu werden. Erst, weil ich geschielt habe. Dann, weil Leute dachten ich nehme Drogen und zuletzt, weil es nunmal eingefallen und krüpplig war. Heutzutage sind die Glasaugen so gut gemacht, dass man kaum einen Unterschied feststellt. Und wenn mich doch mal jemand fragt, ja dann ist das eben so.

Uuuund hier kann man wunderbar beobachten, wie mein Auge langsam vor sich hin schrumpft
Die letzten Monate vergingen irgendwie viel zu schnell. Ich hatte gleichzeitig zu meinem bevorstehenden Op Termin meine Gesellenprüfung noch dazu. Ich musste viel vorbereiten und lernen. Oft hatte ich Konzentrationsschwierigkeiten, weil mein Hirn immer wieder mit "Heyyy, bald verlierst du dein Auge lülülülülü" um die Ecke kam. Es war regelrecht ein Wechselbad der Gefühle. Zwischen Ignoranz und Panikattacken, über Schlafstörrungen und Erbrechen war alles dabei. Ich glaube meine Psyche litt selten so sehr, wie die letzten 4 Monate. Aber ich wollte es so. Ich wollte, dass so schnell wie möglich nach meiner Prüfung die OP kommt & ich alles endlich hinter mir habe. Montag hatte ich meine letzte Prüfung, Freitag gehts unters Messer - und ich weiß noch nichtmal, ob ich bestanden habe.




 Kannst du deinen Beruf danach weiter ausüben?
Dadurch, dass ich diese Ausbildung zur Friseurin mit einem Auge gerockt habe, kann ich glücklicherweise JA sagen. Denn für mich ändert sich in sofern nur, dass ein neuer Platzhalter eingesetzt wird, ganz blöd gesagt.
Wow, dass ich irgendwann mein blindes Auge als "Glück" bezeichnen werde, hätte ich auch nie gedacht. Aber wieder einmal wurde mir gezeigt, das alles im Leben einen Sinn hat. Auch, wenn er nicht sofort erkennbar ist.

Und ich sehe es wirklich als Glück an, dass ich soweit nicht wirklich was neu lernen muss. Ich habe kein 3-dimensionales Sehen, welches mir genommen wird & das mein Gesichtsfeld nur halb ist, kenne ich auch.
Das Bild ist hässlich, i know. Aber es zeigt ganz gut, wie es im März aussah.
Wirst du dir ein crazy buntes Regenbogen Auge designern lassen?
Diese Frage habe ich wirklich oft bekommen! Ein Glasauge wird von der Krankenkasse übernommen, aber lediglich angepasst zum anderen Auge. Schließlich soll das Glasauge ja so wenig wie möglich auffallen.
Wobei ich sagen muss, dass ich wirklich Bock auf ein grünes und ein blaues Auge hätte.
Die Tage habe ich mit Freunden darüber gesprochen und ein Freund sagte, ich solle Geld sparen und mir dann so ein richtig cooles buntes Auge machen lassen, welches ich nur zu besonderen Anlässen trage. Eigentlich ist die Idee wirklich nice, deswegen mal sehen!
Tadaa, das ist der Ist-Zustand. Von meinem Auge ist nicht mehr viel übrig geblieben. Zwischen dem ersten und dem letzten Bild liegen nur 2 1/2 Jahre!
 Zuletzt kann ich sagen, dass ich wirklich im Reinen mit der Entscheidung bin und ich weiß, dass ich es wirklich will. Trotzdem habe ich natürlich große Angst. Es gibt viel, worum ich mich die letzten Monate kümmern musste. Viele liebe Menschen haben mich bis hier hin unterstützt. Freunde, Familie, sowie Fremde die ebenfalls Augenkrankheiten haben. ich bin in Foren aktiv gewesen und habe sogar jemand ganz lieben über Instagram "kennen gelernt". Sie trifft ein ähnliches Schicksal wie mich und wir gehen diesen Weg gemeinsam, obwohl wir Fremde sind.

Meine Angst ist nicht dem Glasauge geschuldet, sondern dem drum herum. Ich reagiere immer sehr stark auf Narkosen, muss mich teils tagelang übergeben oder liege flach. Ich habe das bei der Narkose Ärztin angesprochn und hoffe, dass es mir diesmal besser geht. Ich habe Angst vor dem "danach". Vor der ersten Zeit nach der Op, in der ich ein blaues Auge haben werde, als wäre ich verprügelt worden. Vor den Schmerzen, der ausklingenden Narkose und der Zeit, bis ich das Glasauge eingesetzt bekomme (in der Regel vergehen zwischen op und Glasauge ca. 2 Wochen) Ich habe Angst, dass ich enttäuscht werde und mein Aussehen danach ganz anders ist, als ich es mir vorstelle. Ich habe Angst, dass mein Auge so klein und hässlich bleibt und ich mein Leben lang so ein Hängeauge habe.
Ich habe Angst, dass mein Kopf nicht mitspielt und der Leidensweg größer ist, als ich vermute. Ich möchte nicht noch tiefer in Depressionen verfallen, als ich es nicht ohnehin schon wegem dieser blöden Behinderung bin. Was, wenn Komplikationen auftreten und es sich entzündet oder so?!

Aber hey, wie es wirklich ist, erfahrt ihr dann wohl auf meinem Instagram Account (faniille_vriik) und hier. Denn ich werde den Prozess so gut es geht festhalten.
Bleibt immer positiv ♥

Und sollten noch Fragen offen sein, gerne her damit!